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Touristische Phantasiewelten im deutschen Winter

Dreimal Fernweh nebeneinander plakatiert bei mir um die Ecke. Einmal europäische Kulturlandschaft mit Burgen in Osteuropa, einmal menschenleere Berglandschaften bei denen nur die Palmen anzeigen, dass sie sich nicht in Europa befinden, und schließlich unkontrollierbare Naturgewalten und bemalte Menschenkörper im Fernen Süden. So ordnen sich die Lichtspielhäuser im Interesse des Tourismus die Welt. 

Zufall oder nicht, dass ausgerechnet diese Bilder für die Werbeplakate ausgewählt werden? Die Trailer der Shows im Internet beweisen leider das Gegenteil.

Dirk Bleyers „Masuren“-Show wird beworben mit pseudo-klassischer Klavierkonzertmusik, zu der Landschaften, historische Kulturstätten, Essen und ländliche Bevölkerung gezeigt werden. Eher romantisch als dramatisch wird es, wenn mal ein Gewitter übers – nicht so bezeichnete polnische – Land zieht. Das „Neuseeland“ Filmchen ist unterlegt mit irischer Folkmusik und präsentiert vorwiegend Landschaften und Tourismus mit eingestreuten Szenen des ländlichen Lebens von Weißen. Nur einmal kurz ist die Maske und Grimasse einer Maori-Frau reingeschnitten, um daran zu erinnern, wer die Inseln ursprünglich bewohnte. Ulla Lohmanns „Südsee-Abenteuer“ schließlich gibt Einblicke einer Expedition von Europäern zu aktiven Vulkanen, unterlegt mit einer wenig passenden Ludovico-Einaudi-Musik. Doch dann springen doch auf einmal die edlen „Urvölker“ vom Baum und tanzen und jauchzen sogar noch unverständliche Laute, wenn nicht gar ihre Schrumpfköpfe präsentiert werden.

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https://www.youtube.com/watch?v=U16mA05WEF8

In direkter Abfolge wird dann noch auf „neu entdeckten Tierarten“ hingewiesen. Kann man die Weltordnung zwischen den sogenannten „Zivilisierten“ und „Unzivilisierten“ besser konstruieren? 

Seit den Attentaten in Christchurch sollten nun wirklich alle wissen, dass Neuseeland kein menschenleeres Tourismus-Resort mehr ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir auch andere Nachrichten aus dem erträumten Paradies in der Südsee erhalten werden. Wir würden gut daran tun, uns schon vorab ein wenig mehr mit den Realitäten auf dieser Welt zu befassen.